Maybe we forgot how to love – Wie Beziehung wieder funktionieren kann
„Sagt mal – liebt ihr euch eigentlich noch?“
Diese Frage kam nicht von einem Paartherapeuten. Sie kam auch nicht nach einem dramatischen Streit auf. Sie kam von unserer damals fünfjährigen Tochter. Eines Morgens als wir sie in die Kita gebracht haben. Ein typischer Morgen – müde, Stress, Zeitdruck.
„Warum?“ fragten wir zurück.
„Na, weil ihr euch immer streitet“, sagte sie.
Da war sie. Die Frage, der viele Paare viel zu lange aus dem Weg gehen.
Aber vielleicht ist das auch nicht die richtige Frage.
Vielleicht sollte es heißen:
Haben wir vielleicht vergessen, wie man liebt?
Damals – Die Anfänge
Wir kennen sie alle. Die ersten Monate einer Beziehung. Sie fühlen sich oft an wie ein Rausch. Die Honeymoon-Phase: sie ist leicht, voller Freude, Nähe, Lachen. Man sieht nur das Gute, spricht mit leuchtenden Augen von und und übereinander, verbringt unzählige Stunden zusammen und will am liebsten nie wieder getrennt sein. So stellen wir sie uns vor: die perfekte Beziehung für immer und ewig. Die große Liebe, mit den ganz großen Gefühlen.
Aber: ist das wirklich Liebe?
Ja – und nein.
Es kann der Beginn von etwas Kostbarem sein. Doch wahre Liebe zeigt sich erst später: dann, wenn es schwierig wird. Wenn das Leben dazwischenkommt. Wenn das Kind krank ist, der Schlaf fehlt, die Erwartungen nicht übereinstimmen. Wenn wir nicht mehr alles „schönreden“ können, sondern den Mut aufbringen müssen, uns verletzlich zu zeigen und uns in der Tiefe zu begegnen.
Journal Prompt:
Wann hast du dich deinem Partner oder deiner Partnerin zuletzt so verbunden gefühlt wie in euren ersten gemeinsamen Monaten?
Heute – Wo es wehtut
Wir sind heute seit 23 Jahren ein Paar. Mal sehr glücklich, mal weniger. Unsere Beziehung hat viel aushalten müssen:
mehrere Fehlgeburten, eine Fernbeziehung, Alltagsdruck, Elternschaft. Viele Verletzungen, die nicht auf einmal kamen, sondern sich über die Jahre einschlichen. Einiges ging verloren. Wir hatten immer weniger Zeit miteinander aber auch Verständnis füreinander. Manchmal war es nicht das, was gesagt wurde – sondern das, was fehlte: das Zuhören, das Gesehenwerden, die Nähe.
Alte Muster kamen zum Vorschein. Er zog sich zurück, ich kämpfte. Oder umgekehrt. Ein Kreislauf oder ein ermüdener Tanz - wie man es sehen mag. Aber beides anstrengend. Wir wurden zu Gegnern, obwohl wir uns eigentlich Verbündete wünschten. Wir beide litten, doch keiner wollte es sich seinen Anteil an der Situatuon eingestehen.
🧠 Psychologischer Hintergrund:
Bindungstheorie: Unsere frühen Beziehungserfahrungen prägen, wie wir heute Nähe erleben – oder vermeiden.
Co-Regulation: Ohne sichere Verbindung bleibt unser Nervensystem im Stressmodus.
Beziehungsskripte: Wir wiederholen alte Muster, oft unbewusst – solange, bis wir sie erkennen.
Typische Dynamiken, die daraus entstehen:
Rückzug vs. Angriff
Projektion vs. Verbindung
Nähe vs. Autonomie
Journal Prompt:
Was fehlt euch aktuell in eurer Beziehung – und was war früher selbstverständlich da?
Vielleicht haben wir vergessen, wie man liebt
Viele Paar glauben für Liebe muss man nicht viel tun. Wenn sie mal da ist, dann bleibt sie auch. Schließlich ist sie ja bedingungslos, ewig und unendlich. Ja, schon und gleichzeigt nein.
Liebe ist kein Zustand.
Liebe ist aktiv.
Sie hört zu, bleibt stehen, fragt nach.
Liebe ist Begegnung. Sie holt den anderen dort ab wo man gerade steht mit all seinen Wünschen, Hoffnungen und Bedürfnissen. Liebe versteht.
Liebe ist nicht perfekt – sie ist verletzlich.
Viele Paare denken: „Wenn es sich schwer anfühlt, stimmt etwas nicht.“ Sie glauben, dann ist das nicht die wahre Liebe. Dabei beginnt oft genau dort der Weg zu echter Verbindung. Wenn es schwer wird.
Vielleicht ist es nicht, dass wir uns nicht mehr lieben.
Vielleicht haben wir nur vergessen, wie.
Wir dürfen aufräumen mit den Beziehungs-Mythen, die uns kleinhalten:
💔 Irrtümer über Liebe:
„Wenn es wahre Liebe ist, darf es keine Konflikte geben.“
„Der andere muss mich glücklich machen.“
“Ich bin für das Glück meines/r Partners/in verantwortlich.”
„Liebe passiert einfach – oder eben nicht.“
„Wenn ich mich verändere, verliere ich dich.“
Journal Prompt:
Welche unausgesprochenen Erwartungen trägst du in dir – und wo könnten sie aus früheren Erfahrungen stammen?
Zukunft – Wie Beziehung wieder funktionieren kann
Wir alle verändern uns. Ständig. Mal mehr mal weniger, mal langsamer mal schneller. Das liegt in der Natur von allem was ist. Damit Beziehung funktionieren kann bedeutet das, dass man sich immer wieder neu begegnen muss.
Nicht als die, die wir einmal waren – sondern als die, die wir gerade sind.
Mit all unseren Ängsten und Sorgen, Hoffnungen und Wünschen.
Mit allem, was uns ausmacht.
Wir haben damals, als es schwer wurde vieles ausprobiert: Gewaltfreie Kommunikation, dialogische Gesprächsroutinen, Paarberatung. Es hatte nicht geholfen. Es fühlte sich gestellt an, unauthentisch. All diese Tools brachten uns nicht näher zueinander.
Wir hatten uns an eine Zeit erinnert, als noch alles in Ordnung war. Nicht perfekt, denn auch damals gab es Konflikte, aber wir konnten diese besser meistern.
Was war anders damals?, fragten wir uns.
Wir hatten Zeit miteinander, in der wir uns wirklich begegnet sind. Wir haben uns ausgetauscht, ganz entspannt und ehrlich ohne Angst vor Zurückweisung.
Jetzt im Alltag mit Arbeit, Familie, Haushalt und eigenen Wünschen schien genau dies nicht mehr möglich. Doch mussten wir uns die Zeit nehmen. Doch wie?
Irgendwann begannen wir zu schreiben besser gesagt zu journaln. Nicht jeder für sich, sondern wir miteinander.
Fragen. Impulse. Ehrliche Antworten.
Nicht, um perfekt zu werden – sondern um uns wieder zu sehen.
Journal Prompt:
Was wünschst du dir für eure Beziehung in Zukunft? Und was kannst du heute dafür tun?
Ein sanfter Weg zurück – Unser Ritual
Aus dieser Erfahrung ist etwas Neues entstanden:
Ein kleines, stilles Ritual. Unser gemeinsames Journaling.
„Zurück zu Uns“ ist daraus gewachsen.
Nicht als Ratgeber. Nicht als Therapie.
Sondern als Einladung:
Zu Nähe.
Zu Verständnis.
Zu Verbundenheit.
Es enthält genau die Fragen, die wir uns selbst gestellt haben. Jeden Tag für 21 Tage. Mal für 15 mal für 45 Minuten, so wie wir es geschafft haben. Wir haben uns das kostbarste geschenkt, das wir Menschen geben können. Unsere Zeit und Aufmerksamkeit. Wir haben unserer Beziehung und unserer Liebe wieder den Raum gegeben, den sie verdient hat.
Wenn du das Gefühl hast, dieser Artikel spricht euch aus dem Herzen, dann schau gerne hier vorbei:
Bonus Prompt:
Was würdest du deinem Partner oder deiner Partnerin sagen, wenn du ganz ehrlich – und ganz verbunden – sprechen würdest?